Wilhelm Heinemann - Briefe aus Weltkrieg 2

17.09.1939 - Noch in Hannover

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Hannover, 17.9.39
          Liebe Eltern!
            Euren Brief habe ich heute erhalten. Habt vielen Dank dafür. Leider habt Ihr das mit der Feldpost nicht richtig verstanden. Wenn Feldpost geschickt wird, so geschieht das ohne Porto! Daß es jetzt viel Arbeit gibt, kann ich mir lebhaft vorstellen. Hier ist es ja auch nicht besser. Die Hauptsache ist jedenfalls, daß Ihr gut mit der Apfelernte abgeschnitten habt. Daß in Grasleben eine Munitionsfabrik ist, ist sehr interessant. Daß Onkel Heini an der Westgrenze ist, hat mir Onkel Bernd geschrieben. Ich will versuchen, ob ich ein oder zwei Tage Urlaub bekommen kann, es fällt zwar sehr schwer, aber wenn ich dem Chef sage, wie es zu Hause aussieht kneift er vielleicht ein Auge zu. In Bezug auf die engl. Fliegerangriffe schreibt Onkel Bernd, daß die Engländer in Religion sehr gut seien, aber in Geographie ungenügend. Die Flugzettel hätten noch nicht mal so viel Wert, für hinterlistige Zwecke gebraucht zu werden. Das beste wäre verbrennen. Auf der Weser gibt es jetzt nachts nichts mehr zu tun, weil alles dunkel ist. Es fahren nur noch kleine Dampfer in die Ostsee. In Bremerhaven dachten sie alle, ich wäre auch schon mit hinter den Polacken her, denen der Führer das Laufen gelernt hat, wie sie noch nie gelaufen sind.

            Ich habe mir jetzt drei Bilderrahmen gekauft. Eines für den Flußlotsen und zwei für die Bilder der 16. E und Lehrkompanie. Der Flußlotse und das Bild der Lehrkompanie hängen über meinem Bett. Onkel Bernd hat mir noch die letzten Bilder mitgeschickt, die ich in Bremerhaven gemacht habe. Es sind hauptsächlich Bilder von der "Bremen". Wie geht es Onkel Karl? Ist es schon wieder besser? Auch Willi wünsche ich eine baldige Heilung des Fingers. Nun will ich schließen, drückt beide Daumen, daß ich Urlaub bekomme.

            Grüßt bitte alle Verwandten herzlich von mir und seid selbst vielmals gegrüßt von

            Eurem Willi. 

Ralf Stamporek