Wilhelm Heinemann - Briefe aus Weltkrieg 2

Soldat Heinemann - *1920 +1944 - Briefe aus dem 2. Weltkrieg

01.06.1940: Ein Klick auf die Briefseiten öffnet große Bilder

1.6.40.

Liebe Eltern!
Leider hab ich von Euch noch keine Post bekommen. Das liegt aber daran, daß die Feldpost nicht so schnell nachkommt, wie wir marschieren. Aber das macht nichts. Mir geht es sonst noch ganz gut, und das ist ja schließlich die Hauptsache. Nach den letzten Erfolgen unserer Wehrmacht zu urteilen, werden wir wohl kaum noch zur rechten Zeit an die Front kommen. Seit dem 14.5. sind wir schon über 600 Km getippelt. Dabei bin auch ich schon etwas weich in den Knieen geworden. Aber es ist noch nicht soweit gekommen, daß ich vom Sani-Auto mitgenommen werden mußte. Aber vom Krieg haben wir unterwegs schon genug gesehen. Unzählige Pferde-Kadaver lagen in den Straßengräben, große Teile von Dörfern zerstört, abgeschossene Flugzeuge, Gefangene in rauhen Mengen, zerschoßene Tanks und genug Soldatengräber. Überall da, wo wir die Grenzflüsse überschritten haben, waren die Brücken zerstört. Aber die behelfsmäßigen Brücken waren so gut angelegt, daß wir ohne Schwierigkeiten übersetzen konnten.

2. Seite links senkrecht: Schickt mir bitte etwas Briefpapier und Schuhkreme!

Nach den 15 Tag- bezw. Nachtmärschen, die wir bisher hatten, sind wir in Voulpaix südostwärts Arras. Von uns sind auch schon einige Zossen krepiert. Aber dafür haben wir schon Ersatz, denn auf den Weiden laufen noch genug herum, die man blos einfangen brauch. Kühe laufen auch noch in rauhen Mengen herum. An Milch haben wir uns schon dumm und albern gesoffen. Hühner können wir nicht mehr sehen, weil wir uns daran schon übergegessen haben. Darum muß jetzt ab und zu ein Rind dran glauben. Heute

3. Seite links senkrecht: Der Krieg wird wohl nun bald vorbei sein.

haben wir uns selbst in einem ( ?? ) von den Bewohnern verlassenem Hause die Rinderleber selbst gebraten. Auch mir hat es sehr gut geschmeckt. Da seid Ihr wohl platt, was?
Nun müßt Ihr schon mal entschuldigen, daß ich Euch die versprochenen Rauchwaren nicht geschickt habe. Wir bekommen 4 Zigaretten am Tage, zukaufen können wir uns keine, und das ist sehr knapp. Für Rosi das Andenken aus dem Schwarzwald bringe ich mit.
Nun schreibt mir bitte bald wieder. In der Hoffnung, daß es Euch noch genauso gut geht wie mir, seid alle recht herzlichst gegrüßt von Eurem

Willi

4. Seite links senkrecht: Viele Grüße an Wiedemanns und Eggelings.
4. Seite rechts senkrecht: Rotwein in rauhen Mengen!
4. Seite oben waagerecht: Gestern abend Kalbsschnitzel und Kartoffelbrei!

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